Osterweckruf 2017

Sonntag, 16. April 2017

Tradition seit vielen Jahren von Karsamstag auf Ostersonntag....

Es ist (zumindest mir) nicht bekannt, aber anzunehmen, dass die Tradition des Osterweckrufes „Päques revillè“, was soviel heißt wie "Ostern erwecken im Sinne von Einläuten einer neuen Zeit", bereits vor dem Krieg von den damaligen Obertalmusikkapellen Gollrad und Aschbach  gepflegt wurde. 

Wie mir Arthur Kompöck unser "Dienstältester Musikkamerad" 2011 erzählte, sei die Musikantenpass in der Nachkriegszeit, mit einem Holzvergaser die einzelnen Gräben und Teilorte angefahren um bei den verstreuten Häusern und Gehöften die Bewohner mit einem Marsch zu wecken,  um Sie damit an diese "Neue Zeit" zu erinnern!

Als aktiver Musikant durfte ich erstmals im Jahr 1966 teilnehmen. Damals und auch heute, wird pünktlich um Mitternacht der erste Marsch in der Rotsohl angestimmt!

Inzwischen beim "Gidi", so ist der Hausname vom inneren Rotsohlbauern und früher beim Eberl, noch ein Stück weiter im Graben drinnen.

1973, kurz bevor es mich rauszog in die weite Welt wurde bereits nach dem zweiten Marsch hinter dem Bach mit dem Weinhändler aus dem Burgenland ausgiebig angestoßen, bevor es zum nächsten Bauern, dem "Kròcher" ging, wo schon die Weihfleischjause und a Schnapserl wartete.

Ohne größeren Zwischenhalt ging es dann noch beim Oimhòida im Niederalpl Graben vorbei, um dann weiter bis zum Bieber zu kommen, wo der erste Jajatee und das obligate Osterei wartete.

Manchmal fiel es schwer die warme Stube zu verlassen, denn zu Ostern war oft noch tiefer Winter und dementsprechend das Wetter grauslich und nass!

Die letzte Station war damals die Herrschaft in Aschbach, bevor sich die ganze Mannschaft in die Unterwegscheid aufmachte.

Vom Klopf weg wurde, so manches Schnapserl geniesend, viele Märsche intonierend, raufg'häuselt bis zur Käthe, der legendären Wegscheider Wirtin.

Der Jagatee welcher dort kredenzt wurde, hat einen erstmal von tief drinnen erwärmt um sich dann ermüdend-, zumindest für uns Junge-, bleiern in die Glieder zu legen.

Nach der Käthe war beim Gasthof Post der nächste längere Halt. Zum Glück waren die Geschwister Pum-, vom gleichnamigen Hotel-, dem morgendlichen Musikantenaufmarsch gegenüber ein bisschen skeptisch, sodass es bis auf "frohe Ostern" wünschen, keinen längeren Aufenthalt gab. Kaufhaus Schönauer und das Klementhaus waren damals noch Stationen, bevor es wieder eine Zeitlang in die warme Stube und zum nächsten Jagatee ging.

Nach der Rast im GH Post, wurde die Oberwegscheid zügig abgewickelt und vom Straßenmeister

Walter Gassner wurden wir in die Gollrad verabschiedet.

Vom Petritsch ging es in den Knappengraben und wieder retour, Kettenauflegen und Autos aus den Schneewächten schieben hat auf dem Weg nach Gollrad, für klare Köpfe gesorgt, sodaß sich jeder auf das Frühstück freute, welches es beim Konrad gab.

Besonders bei schlechtem Wetter fiel das Aufstehen besonders schwer, aber es waren noch einige Märsche zu spielen, bevor es zurück ins Bett ging, -welches zumindest ich-, bis zum Ostermontag morgens nicht mehr verließ.

Im Jahr 2011habe ich erstmals wieder am Osterweckruf, der "Togrewee" genannt wird und wurde, wieder teilgenommen. Ich war ganz erstaunt, dass als Sammelpunkt  Gollrad vorgesehen war.

Als ich den Bus sah, wurde mir manches klar. Die Entscheidung, den Transport der Musikanten und ihren Intstrumenten mit dem Bus durchzuführen, wurde bereits vor etwa 30 Jahren eingeführt.

Das alle Musikanten, nicht nur das Schlagzeug Warnwesten tragen, wurde  nach dem Unfall, der im Jahr 2004 die Thörler Musikkameraden zu Ostern schwer traf, zur Regel.

Gerry ein Zeitweiliger Musikkamerad kutschiert uns angenehm und mit viel Weit- und Übersicht durch die Gräben und Ortschaften. Zwischendurch sorgt Er als aktiver Musikant für die ergänzende Untermalung.

Kettenauflegen ist-, je nach Wetterlage-, immer noch angesagt, aber das Schieben entfällt. Wie früher ist es auch in der Jetzt Zeit noch so, dass bei so manch einem aktiven Musikanten, sich der Aloholspiegel zumindest leicht über der aktuell geltenden Promillegrenze bewegt und von daher ist der Bustransfer sehr zu begrüßen.

Tja und noch was entfällt! Die Stirnlampen haben die Fackelträger ersetzt. Mag es damals vielleicht romatischer gewesen sein, aber die Kleckserei mit dem Wachs, war manchmal schon sehr störend...

Waren es in den siebziger Jahren noch an die 90 bis 100 Märsche, die bei den einzelnen Stationen gespielt wurden, so hat sich deren Anzahl inzwischen auf ca. 70 - 75 reduziert, obwohl das Gebiet erweitert wurde.

Anstatt bei Käthe Bènesch in Wegscheid, kehrt man inzwischen zum nächtlichen Weihfleischbrot, beim Gasthof Eder in Fallenstein ein.

Bei "der Käthe" wird inzwischen als letzter Station im Teilort Aschbach eingekehrt. Auf die Musikanten wartet eine gute warme Gulaschsuppe und wer mag bekommt als Nachspeis, Kaffee mit Zopf. Und für Veggis gibt es Polenta mit Marmelade als Hauptspeis zum Kaffee! 

Neu für mich war auch der gemeinsame Abschluß nach dem Schlußmarsch, im Gasthof Egger in Gollrad. Die Mehrzahl der Aktiven zieht es nach dem Mittagsmahl nach Hause zum Ausruhen. Bei den "ganz Hartgesottenen" kann es aber durchaus vorkommen, dass der Heimweg erst zur üblichen Zeit, nämlich Ostermontagmorgens gegen vier, angetreten wird...!

Inzwischen kann ich es mir zumindest vorstellen, warum der Osterweckruf "Togrewèè", bzw. „Päques revillè“ genannt wurde....

Ende des 13. Jahrhunderts, (ca.1290) als die Habsburger ihre Macht in der Steiermark gründeten. Es war ein Schachzug der Verantwortlichen im Dorf, die Bewohner auf Linie mit den neuen Herrschern, -katholisch und adelig- zu bringen.

Die Menschen im Dorf damals waren wenig an Politik interessiert. Sie waren sehr mit den Abläufen der Natur verbunden und Neuerungen von Menschen erdacht, hatten wenig Einfluß in ihrem Denken und Handeln. Bei dem Brauch ging es darum, die Bewohner mitzunehmen in eine neue Zeit, die von Macht und Glauben an Gott bestimmt war.

Die Bewohner waren stur und glaubten an die Naturkräfte und Naturwesenheiten. Für sie war es schwer, sich darauf einzustellen dass nun neue Maßstäbe gelten sollten. Zudem hatten sie Schwierigkeiten in der Auferstehung Christi etwas Besonderes zu sehen.

Für sie war das Leben nach dem Tod alltägliches Verständnis. Jede Pflanze lebt nach ihrem Tod weiter in ihren Samen und Ablegern. Das Leben ist ein beständiger Kreislauf aus Werden und Vergehen.  Eine Abfolge von 12 Monaten,  Saat- und Erntezeiten. 12x das Erwachen und Aufblühen von Ostern zu erleben, half ihnen, den neuen Rhythmus der kirchlichen Festtage anzunehmen. Und es war ein ausgelassenes Fest, dass sie das harte Leben für ein paar Stunden vergessen ließ.

Aus diesem Grund hat sich der Brauch auch gehalten. Es ist für die Dorfgemeinschaft zu einer Feier des Lebens geworden. Erdacht und eingeführt hat den Brauch ein weiser Dorfführer, der alle Zeichen der Zeit und die wachsende Bedeutung des katholischen Glaubens im Zuge der Machtausübung der Habsburger erkannt hatte.

Er hat sein Dorf durch gläubige Bewohner unter neuer Herrschaft sichern und den Leuten den Umschwung dorthin erleichtern wollen. Er hat so seine Region vor dem Konflikt mit den weltlichen und geistlichen Herrschern bewahrt.

Wie schon eingangs erwähnt: „Päques revillè“, heißt Ostern erwecken im Sinne von Einläuten einer neuen Zeit.

Übermittelter Text von Gerhard Albustin aus dem Frühjahr 2014